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Der erste Schritt Armstronggleich auf den Schwarzen Kontinent
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Nachdem ich mich am Bahnhof in Hannover von meiner Familie
verabschiedet hatte, durchwanderte ich die schmalen Pfade des ICE um
einen Sitzplatz zu ergattern. Unglücklicherweise war nicht nur mein
Gepäck sehr schwer und sperrig, sondern der Zug zudem noch gut gefüllt.
Immerhin fand ich einen Sitzplatz in einem Abteil mit zwei anderen
Personen. In Frankfurt angekommen und mit reichlich Zeit ausgestattet gab
ich mein Gepäck auf und begab mich auf die Suche nach einer Toilette, da
es mich nach sieben Tagen wildem Wachstum gedünkte, mein Gesicht durch
Anwendung scharfer Klingen der Öffentlichkeit sichtbar zu machen. In der
gewollten Einsamkeit der Behindertentoilette eingeschlossen, nicht ohne
das schlechte Gefühl eines asozialen Ausbeuters, stellte ich fest, dass
der Rasierschaum im abgegeben Reisegepäck und nicht im Handgepäck seine
Gegenwart repräsentierte. Also, ratz fatz Duschgel im Gesicht
aufgeschäumt und erbarmungslos das haarige Etwas durch eine blutige
Oberflächenstruktur übertüncht. Nur wenig später führte mich mein Weg in
ein monströses Objekt gigantischen Ausmaßes. Voller Glückseligkeit
stellte ich fest, dass meine Sitznachbarn ein älteres Ehepaar waren. Das
Essen kam, die Nacht umschlang uns tiefschwarz und irgendwann war der
Trip über die Wolken beendet. |
Angekündigt durch die immer näher kommende afrikanische Weite schlug
die Müdigkeit in erwartungsvolle Euphorie um und diese erlebte ihren
Höhepunkt, als ich den ersten Schritt Armstronggleich auf den Schwarzen
Kontinent setzte. Die Sonne umtränkte mich liebkosend, und ich blinzelte
verzückt und verliebt in ihr mich anstrahlendes Antlitz. Ein Bild für die
Götter. Da es nur für diese bestimmt ist, wurde ich vom Flughafenpersonal
daran gehindert, es für den einfachen Menschen und die Ewigkeit auf
Fotopapier zu bannen. Klaus-Peter (kurz: Klaupi), eine zum Freund
gewordene nette Bekanntschaft der Familie aus früheren Namibia-Trips,
verfrachtete mich in sein Auto, um mir einen Lift bis Windhoek-City zur
DHPS (Deutsche höhere
Privatschule) zu geben, dessen Heim ich als Schlafquartier
während meiner Zeit als Praktikant zu nutzen gedachte. Dort angekommen
stellte sich heraus, dass Klaupi mit Frau Diemer (Schlüsselübergabefrau
und Heimleitungszugehörige) zusammen zur Schule (zur DHPS) gegangen ist.
Windhoek, Hauptstadt
Namibias mit ca. 200.000 Einwohnern, gleicht gelegentlich
einem Dorf, was eigentlich kein Wunder ist. Namibias Gesamtpopulation
liegt bei ca. 1,8 Millionen Einwohnern und mit 2 Personen/km² besitzt es
eine der geringsten Bevölkerungsdichten Afrikas (Zum Vgl. Deutschland:
250/km²).
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Mein Zimmer offenbarte sich mir in einer kargen Tristesse, doch
ausreichend um erholsamen Schlaf und gelegentliche Stunden des einsamen
Denkens zu frönen. Die Schule, sowie fast alle anderen Gebäude hier sind
umsäumt von hohen Elektro-Zäunen. Mein Schlüsselbund ist unglaublich
dick. Alles wird hier abgeschlossen. Kriminalität: Ein Problem der
dritten Welt. Einige der hier anwesenden Praktikanten haben schon die
schmerzhafte Erfahrung gemacht um DigiCam oder Bargeld erleichtert worden
zu sein.
Abgesetzt und alleingelassen trieb mich die Neugier umgehend hinaus in
das lebendige Leben Namibias Hauptstadt. Übertrieben gewarnt ob der
latent existenten kriminellen Energie, speziell der farbigen Einwohner,
durchwanderte ich Knie schlotternd die Gassen und sah in jedem Schwarzen
einen potenziellen Kriminellen. Unglücklicherweise dauerte es ca. 30
Minuten, bis mir die erste Weißhaut begegnete. Zufall: denn in der
Zukunft offenbarte sich mir, dass doch ca. 10-20% der in Windhoek
Anwesenden bleicher Hautfarbe waren. Aber so merkte ich recht schnell,
dass das mir suggerierte Haifischbecken primär aus zahnlosen schwarzen
Gold- denn aus martialischen Raubfischen bestand. Auffällig beim
Durchwandern Windhoeks waren die vielen Bettelnden. Bei einer
Arbeitslosenquote von fast 40% aber auch irgendwie verständlich. Gleich
am ersten Tag in der Stadt wurde ich von einem massiven Hagelschauer mit
Körnergrößen von bis zu 2cmØ überrascht. Das war eine Freude. Lauter
lachende Gesichter, die die Körner in ihre Hände aufnahmen und glückselig
gen Wettergott blickten. Bei mir hielt sich die Freude in Grenzen.
Dreckswetter hatte ich erst am Tage vorher in Hannover erleben dürfen.
Aber ich machte gute Miene zum bösen Spiel und erfreute mich an einem
Bettelnden, welcher auf einem Stuhl saß und unaufhörlich die Kunst des
Pfeifens feilbot. Ein paar Dollar wechselten dann auch bald von mir zum
Pfeifer, aber er schien drauf zu pfeifen – na ja, er war auch blind -,
ich hab's ihm verziehen.
Auch wenn ich generell eine höhere Affinität der weißen weiblichen
Erscheinung entgegenzubringen vermag, so beeindruckte mich doch die
anmutige Schönheit einiger mich passierenden afrikanischer Aphroditen.
Nach einem leckeren Mahl in ansprechender Atmosphäre begab ich mich in
die schlossgesicherte Geborgenheit meines Domizils und träumte von einer
Welt, in der alle gleich und glücklich sind.
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Müde, doch gespannt auf die Ereignisse, die mir der Tag zu bescheren
gedachte, zog es mich ein weiteres Mal hinaus in die Welt, die so fern
der unseren ihr Dasein repräsentiert. Nachdem ich mich in einem kleinen
Bistro frühstückend gesättigt hatte, begab ich mich zu dem eigentlich
Grund für meine hiesige Gegenwart. Ich gestattete dem
Goethe Zentrum in Windhoek
einen Besuch ab, um mich vorzustellen und mir meinen zukünftigen
Arbeitplatz ein bisschen näher zu beschauen.
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Gleich am nächsten Tag sollte ich um 15h reinschauen, um an einer
Diskussion bzgl. der Planung eines Sprachwettbewerbs teilzunehmen. So
ging ich von dannen. In der DHPS sind ca. 15 Praktikanten tätig. Am GZ
allerdings bin ich der Einzige. Am Abend zog ich mit dreien von diesen
Praktikanten los, um mich ins Windhoeker Nachtleben zu begeben. Der Club
„Chez Ntemba“ bescherte uns einen vergnüglichen Abend. Abgesehen von
vielen extrem willigen weiblichen Blicken und dazugehörigen Händen,
welche unangekündigt das Bedürfnis besaßen meinen Bauch zu berühren und
abgesehen von einigen kleinen Boys, die mich mit einem Filmstar
verglichen um mich gleich darauf um ein wenig Geld zu bitten, überstand
ich den Abend relativ unbeschadet und fand gegen 6h himmlische Bettruhe.
Unglücklicherweise wurde diese jäh unterbrochen durch das unangenehm
aufdringliche Geräusch eines Tonerzeugungsapparates, welchen ich in – so
wurde mir später bewusst – weiser Voraussicht gestellt hatte.
Obwohl mit genügend Zeit ausgestattet, nahm ich mir ein Taxi, damit ich
auch bloß nicht zu spät kommen würde an meinem ersten kleinen Arbeitstag.
Nachdem der Taxifahrer eine andere Person ans Ende des afrikanischen
Kontinents gebracht hatte, fragte er mich wo ich eigentlich hinwolle, ich
solle ihm doch den Weg zeigen, da er nicht wisse, wo das GZ ist. Neu in
Windhoek wusste ich es natürlich auch nicht. Irgendwo ließ ich mich dann
rausschmeißen und kam mit 20-minütiger Verspätung und völlig verschwitzt
dann doch noch an. Ohne viel zu sprechen überstand ich aber auch diesen
Tag, um mich am Abend im Steakhouse El Torro wieder zu finden. In der
Gesellschaft von ca. 20, mir größtenteils noch Unbekannten, die ich dort
das erste Mal sah und kennen lernte, setzte ich mein Vorhaben um und
beendete durch die Bestellung eines Oryx-(Antilopen)Steaks die sechs
Jahre meines zuvor gefristeten Vegetarierdaseins. Es hat geschmeckt, auch
wenn ich mir vornahm das nächste Steak nicht well-done sondern vielleicht
eher blutig zu bestellen ;). Ein Oryx-Steak-Teller mit Salat und Fritten
kostete übrigens ca. 6 EUR. Außer Fleisch wächst hier allerdings aber
eigentlich auch nur Wurst an den Bäumen. Am nächsten Tag (Freitag) begab
ich mich bis 13h (Freitag immer nur bis 13h) ins GZ. Viel kann ich
allerdings momentan noch nicht über meine Tätigkeiten dort berichten, da
ich mich noch in der Orientierungsphase befinde. Abends, gegen 16.30h,
holte mich Klaupi ab, damit ich ihm beim Umzug innerhalb Windhoeks
behilflich sei. Dies tat ich dann auch und gegen 2h (Nachts!) waren wir
auch so gut wie fertig. Der Arme musste um 11h am nächsten Morgen sein
Flat verlassen haben.
Irgendwann am frühen Nachmittag erwachte ich und begab mich zum
Frühstücken in die Stadt. Ein glücklicher Zufall ließ mich beim Verlassen
des Heimes Anna treffen, die mir nicht nur einen guten Verköstigungstipp
gab, welcher mir einen Blick über die Haupteinkaufspassage, die
Independence Avenue, bescherte, sondern auch so nett war, mir
Gesellschaft zu leisten. Diese Bekanntschaft war nicht ganz ohne
Folgeerscheinungen, da mir so die Möglichkeit offeriert wurde, am
nächsten Tag den Oanob Damm in Rehoboth (ca. 100km entfernt) zu
erkundschaften.
Wenn man die oben zu sehende Brücke überquerte konnte man über Stock
und Stein, an Abhängen entlang kletternd zu einem kleinen erfrischendem
Idyll gelangen:
Soooo, seitdem ist auch schon wieder einiges geschehen … Am kommenden
Wochenende ist eine Tour in den Norden geplant. Da ich hier recht viel
unterwegs bin bzw. zu tun habe, konnte ich bisher viel weniger
niederschreiben, als ich es mir vorstellte… Ich gelobe aber Besserung ;).
Ihr fehlt mir alle, aber ich bin froh, dass ich grad ganz woanders bin ;)
Viele Grüße
Christian
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